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BUDDHISMUS HEUTE
Aus: Buddhismus Heute Nr. 45, (Sommer 2008)

Das Lebensrad

Von Joachim Feseck

Wenn wir uns das Bild anschauen, dann sehen wir ein Rad, das von einem "Monster" gehalten wird. Dies ist aber nicht die Szene aus einem neuen Horrorfilm, sondern eine der ganz grundlegenden Lehren des Buddhismus. Hier wird die erste Belehrung Buddhas dargestellt, die Vier Edlen Wahrheiten: Die Wahrheit vom Leiden, die Wahrheit von der Ursache des Leidens, die Wahrheit vom Ende des Leidens und die Wahrheit vom Weg zum Ende des Leidens.

Wir sehen ein Rad mit vier Kreisen, deren Bedeutung Inhalt dieses Artikels ist. Gehalten wird dieses Rad von Yama, dem Symbol für das Prinzip der Vergänglichkeit und des Todes. Rechts oben im Bild sehen wir den Buddha außerhalb des Rades, der auf den Vollmond zeigt. Der Mond steht hier für die Weisheit und das Ende des Leidenskreislaufes, für die Befreiung und Erleuchtung. In den meisten Darstellungen des Lebensrades findet sich ferner ein Vers in Sanskrit, der vom Buddha selbst verfasst wurde und den Weg aus dem Daseinskreislauf beschreibt:

"Tue dieses und unterlasse jenes
und tritt ein in die Lehre des Buddha.
Wie ein Elefant in einer Bambushütte,
so zerstöre die Kräfte des Herrn des Todes.
Wer sich mit sorgsamer Achtsamkeit
in der Lehre der Disziplinierung übt,
wird den Kreislauf der Geburten verlassen
und das Leiden beenden."

Die Entstehung dieses Bildes kann in einer historischen Geschichte erklärt werden. Der König Udrayana schenkte dem König von Magadha, Bimbisara, ein juwelengeschmücktes Gewand. König Bimbisara, der nichts Gleichwertiges hatte, was er seinem Freund zurückschenken konnte, fragte den Buddha um Rat. Der Buddha antwortete, dass er ein Bild mit den verschiedenen Bereichen malen lassen solle, auf dem der oben beschriebene Vers steht. Er wies Bimbisara an, dies dem König Udrayana zu geben. Es heißt, dass Udrayana durch die Betrachtung dieses Bildes Erleuchtung erlangt hat. Diese Geschichte zeigt, dass die im Lebensrad enthaltenen Belehrungen kostbarer sind als die wertvollsten Juwelen oder alles Geld der Welt.

Der Buddha gab ferner den Rat, dieses Bild an jede Klostertür zu malen, um die Mönche an die Vergänglichkeit zu erinnern. Auch wir wären sicherlich manchmal gut beraten, uns das Lebensrad mehr zu verinnerlichen und ab und zu zugunsten der Meditation auf die nächste Party zu verzichten.

 

Schauen wir uns das Lebensrad einmal genauer an, so sehen wir vier Kreise. Der innerste umfasst drei Tiere, die die Ursache des Leidens versinnbildlichen: unsere Störgefühle. Das Schwein ist dabei das Symbol für die grundlegende Unwissenheit. Bei uns in Europa halten wir Schweine für recht intelligente Tiere, aber im indischen Kulturkreis schaut man eher auf die Tatsache, dass Schweine alles fressen, was ihnen vor die Nase kommt. Daher sind Schweine ein Symbol für Dummheit. Aus dieser grundlegenden Unwissenheit, die nicht versteht, dass der Raum des Erlebers und die in ihm stattfindenden Erlebnisse nicht voneinander zu trennen sind - aus dieser Dualität also - entstehen dann weitere Störungen. Wenn Erleber und Erlebtes als getrennt voneinander wahrgenommen werden, dann wollen wir alles als angenehm Empfundene für uns haben und auch behalten. Das Symbol für diese Anhaftung und Begierde ist der Hahn, der sich mit vielen Hennen vergnügt und keinen weiteren Hahn als Konkurrenten zulässt.

Alle Erlebnisse, die wir durch unsere grundlegende Unwissenheit als unangenehm empfinden, führen zu Abneigung, Hass und Zorn. Das Symbol für diese Störung ist die Schlange, ein Tier, das viele Menschen fürchten und hassen. Im Christentum ist sie das "Böse", das Adam und Eva um das Paradies gebracht hat. Viele erinnern sich sicherlich auch an die Walt Disney Verfilmung des "Dschungelbuches". Die Schlange "Ka" versucht hier den Helden zu hypnotisieren und mit den Worten "Vertraue mir..." näher zu locken, um ihn zu fressen.

Aus diesen drei ersten Störungen entstehen die vielen weiteren Störgefühle und ihre laut Buddha 84000 verschiedenen Kombinationen, mit denen wir uns und anderen das Leben so schwer machen und aus denen heraus wir mit Körper, Rede und Geist handeln. Diese Taten führen zu Resultaten und das Gesetz von Ursache und Wirkung (Karma) beginnt zu greifen.

Im zweiten Kreis wird dies mit einer hellen und einer dunklen Hälfte beschrieben. Wir sehen Wesen, die auf der hellen Seite nach oben streben und auf der dunklen nach unten fallen. Karma funktioniert in der Weise, dass positive Handlungen zu besseren Zuständen und negatives Verhalten zu schlechteren Bedingungen führen.

Der dritte Kreis verdeutlicht die Zustände, in denen die fühlenden Wesen sich befinden - er beschreibt das Rad der Wiedergeburten. Es gibt hier zwei Versionen, eine aus sechs und die andere aus fünf Bereichen bestehend. Wenn lediglich fünf Unterteilungen getroffen werden, dann sind der Götter- und der Halbgötterbereich zusammengefasst. Dies macht auch insofern Sinn, da diese beiden Bereiche sich direkt wahrnehmen können und um die Früchte eines Baumes kämpfen, dessen Wurzel und Stamm im Halbgötterbereich steht, dessen Krone mit den Früchten aber im Götterbereich wächst.

Zum Erlebnis des Götterbereiches kommt es, wenn Stolz verbunden mit vielen guten Eindrücken das stärkste Störgefühl ist. Nach dem Tod wird man dann zum Beispiel im Begierdegötterbereich wiedergeboren, wo sich alles, was man sich wünscht, sofort erfüllt. Man kann aber auch den Bereich reiner Form erleben, in dem schöne Bilder wie in einer fantastischen Kunstausstellung wahrgenommen werden. Sogar ein Zustand ohne Form ist möglich, aber selbst hier identifizieren sich die Götter noch mit dem Raum. Somit ist noch eine Ich-Illusion vorhanden, die irgendwann dazu führt, dass wieder andere, leidvollere Zustände erlebt werden. Alle Götterbereiche werden als sehr freudvoll beschrieben, sind aber aus buddhistischer Sicht nicht erstrebenswert. In diesen Bereichen verbrauchen wir sehr viele gute Eindrücke, ohne dass wir der Erleuchtung näher kommen. Eines Tages sind die guten Eindrücke dann soweit erschöpft, dass wir in einen anderen Bereich fallen und von ganz oben geht es immer nur nach unten. Die Götter sehen bereits einige Zeit vorher, wohin sie fallen werden und können nichts dagegen tun. Daher wird auch gesagt, es gebe kein größeres Leid als das eines sterbenden Gottes.

Die Halbgötter erleben sich als sehr kraftvoll und gesund - sie sind aber von Natur aus streithaft und eifersüchtig auf das größere Glück der Begierdegötter. Halbgötter haben einen großen Drang zu Waffen und Kampf und viele sterben auf dem Schlachtfeld. Die Wiedergeburt als Halbgott hat ihre Ursache in vielen gespeicherten Eindrücken, die durch Eifersucht und Neid entstanden sind.

Der Menschenbereich ist uns allen ja sehr gut bekannt. In diesem wiedergeboren zu werden, hat seine Wurzel darin, dass Anhaftung und Begierde die stärksten Störungen sind. Als Mensch erleben wir viele verschiedene Leiden wie Geburt, Alter, Krankheit, Tod und Verlust. Auch kann das Leben im Menschenbereich sehr unterschiedlich sein, je nachdem in welchem Teil der Erde wir geboren wurden. Aber auf jeden Fall ist ein Dasein als Mensch die allerbeste Möglichkeit, mit Buddhas Lehre zu arbeiten, dadurch das eigene Leiden zu beenden und als Bodhisattva für andere zu arbeiten. Im Götter- und Halbgötterbereich geht es uns viel zu gut, als dass wir eine Notwendigkeit darin sehen würden zu meditieren und uns zu entwickeln. In den drei nachfolgend beschriebenen Zuständen dagegen ist das Leid so groß, dass wir keinerlei Freiräume haben um mit unserem Geist zu arbeiten. Daher ist die Menschengeburt auch so unendlich kostbar und wir sollten die Möglichkeit mit Buddhas Lehre zu arbeiten wirklich nutzen. Auf manchen Darstellungen des Lebensrades ist der Menschenbereich noch einmal unterteilt, da ein Menschenkörper an sich noch nicht wertvoll ist. In dem deutlich kleineren Teil werden dann zum Beispiel Meditierende, Klöster, Mönche oder auch der Buddha gezeigt, der Belehrungen gibt. Dies ist ein Hinweis, wie kostbar eine Wiedergeburt in einem Menschenkörper sein kann, wenn wir sie sinnvoll nutzen.

Der nächste Bereich ist uns ebenfalls gut bekannt. Im Tierbereich erleben die Wesen sehr viel Dumpfheit und können nicht klar denken - alles wird von Instinkten gesteuert. Sie sind immer auf der Suche nach etwas Essbarem oder müssen voller Angst darauf achten, nicht selbst zum Futter zu werden. Die Ursache für diese Erlebniswelt liegt in Eindrücken von Dummheit und Nicht-Wissen-wollen.

Wer in einem Tierkörper wiedergeboren werden will, muss eine Einstellung entwickeln, die sich nur um die einfachsten Grundbedürfnisse wie Essen, Trinken und Sex kümmert.

Die Hungergeister erleben einen permanenten Zustand von Mangel, der darauf zurückzuführen ist, dass viele Eindrücke angesammelt wurden, die ihre Ursache in Geiz und Gier haben. Sie spüren die ganze Zeit, dass sie nicht genug haben und in diesem Zustand reduziert sich dieses Gefühl dann meistens auf Hunger und Durst. Es gibt nie genug zu essen und trinken, um satt und zufrieden zu sein. Wenn dann plötzlich etwas Essbares erscheint, verwandelt es sich, sobald sie danach greifen zum Beispiel in Kot oder Feuer.

Die leidvollsten Zustände aber werden erlebt, wenn man den Geist mit vielen Eindrücken aus Hass und Zorn und den entsprechenden Handlungen daraus gefüllt hat. Wenn der Geist sich dieser Eindrücke wieder bewusst wird, erleben die Wesen extrem viel Leid durch Zustände voller Angst und Paranoia.

 

Wir müssen uns aber immer vor Augen halten, dass alle Zustände, die wir und alle Wesen im Leidenskreislauf erleben, nicht anderes als Projektionen unseres eigenen Geistes sind - sie sind nicht vom Geist selbst getrennt. Und wenn wir dieses eines Tages durch Lernen, Nachdenken und Meditieren erfahren, sind wir frei und im Rad der Wiedergeburten nicht mehr gebunden. Dann ist eine Geburt in einem der sechs Daseinsbereiche ein rein freiwilliger Akt, um den Wesen zu helfen, ebenfalls aus dem "Schlaf der Unwissenheit" zu erwachen. Bis dahin glauben wir, dass die Erlebnisse wirklich sind und leiden entsprechend darunter.

Als ein Beispiel für die unterschiedliche Erlebnisweise in den sechs Bereichen wird traditionell ein Glas Wasser genommen. Für die Götter ist es reiner Nektar, das Köstlichste überhaupt. Halbgötter benutzen es als Waffe und für uns Menschen ist es einfach eine Lebensnotwendigkeit, an der wir stark anhaften (besonders in heißen Sommern oder in der Wüste). Tiere leben teilweise im Wasser, es ist ihr Lebensraum. Hungergeister wollen das Wasser unbedingt trinken und sobald sie danach greifen, wird es zum Beispiel zu flüssigem Blei und Paranoiawesen sind völlig sicher, dass Gift im Wasser ist, das ihnen schadet. Das gleiche Glas Wasser wird also völlig unterschiedlich wahrgenommen, je nachdem wie wir die Welt erleben und doch ist es immer dasselbe H2O. An diesem Beispiel ist deutlich zu erkennen, dass wir unsere Welt selbst schaffen, je nachdem, welche Eindrücke wir im Geist gespeichert haben. Alle Erlebnismöglichkeiten werden auch im Menschenbereich erfahren.

Götterzustände sind mit den großen Stars Hollywoods vergleichbar, die Welt liegt ihnen zu Füßen und alles, was sie sich wünschen, können sie sich leisten.

Die zweite Reihe von Schauspielern, all die vielen Sternchen, wollen natürlich auch dieses große Glück der Stars erleben und sind ständig eifersüchtig. Mit allen Mitteln kämpfen sie, um selbst ein Star zu werden, vergleichbar mit den Halbgöttern.

Tierzustände sind als Mensch ebenfalls erlebbar. Viele Menschen vegetieren einfach so vor sich hin und wollen nichts von alledem wissen, was um sie herum vor sich geht. Fußball und Bier oder Mode und Diät ist vielleicht alles, was sie interessiert. Politik, gesellschaftliche Verantwortung oder gar die Arbeit mit dem eigenen Geist werden völlig ausgeblendet.

Extreme Mangelzustände können beim Verdursten in der Wüste oder beim Verhungern in Afrika erlebt werden. Aber auch in unseren Ländern findet man Leute, die tiefe Frustrationszustände erleben, zum Beispiel in Kliniken für Geisteskranke. Ebenso kann extreme Paranoia in psychiatrischen Krankenhäusern beobachtet werden. Durch den Gebrauch von Drogen wie LSD können diese nicht sehr empfehlenswerten Zustände erzeugt werden.

 

Der äußere Kreis zeigt die zwölf Glieder des Entstehens in Abhängigkeit. Diese Belehrung gab der Buddha im "Reiskeimling- Sutra", in dem er am Beispiel eines Reiskeimlings das Gesetz von Ursache und Wirkung - und im Zusammenhang damit auch diese zwölf Glieder - erklärte.

Das erste Bild zeigt einen blinden Mann, der mit seinem Blindenstock oder mit nach vorne gestreckten Armen durch die Welt irrt. Dies ist das Sinnbild für unsere grundlegende Unwissenheit, die Ursache aller Verwirrung, aller Störgefühle und aller Leiden. Die Tatsache, dass wir die Welt nicht so erleben wie sie ist, und immer unsere gefärbten Brillen aufhaben, ist hier dargestellt.

Das zweite Feld zeigt einen Töpfer, der die "gestaltete Tat" darstellt. "Gestaltet" wird die Tat genannt, weil sie angenehme oder unangenehme Wirkungen haben kann. Wie ein Töpfer, der etwas Neues erschafft, wird hier eine neue Wirkungsreihe erschaffen.

Die dritte Darstellung zeigt einen Affen, das Sinnbild für "Bewusstsein". Dieses "Bewusstsein" wird in verschiedenen buddhistischen Schulen zwar unterschiedlich interpretiert, ist aber das Bindeglied zwischen einer Tat und ihrem Resultat. Wir nennen dies meistens "Speicherbewusstsein", da alle Handlungen mit Körper, Rede und Geist hier gespeichert werden, bis sie eines Tages als Resultate wieder erscheinen.

Das vierte Bild zeigt mehrere Menschen, die in einem Boot sitzen. Sie sind das Symbol für "Name und Form", die Zutaten, aus denen wir unsere "Ich-Illusion" backen. "Name" bezieht sich auf die vier nicht-körperlichen Teile: Gefühl, Unterscheidung, Geistesfaktoren und Bewusstsein. "Form" in diesem Sinne bezeichnet unseren Körper. "Name" wird durch die Menschen und "Form" durch das Boot dargestellt. Durch unser Haften am Körper und die durch Unwissenheit getrübte Wahrnehmung unseres Geistes als "Name" erleben wir ein scheinbar unabhängig existierendes "Ich".

Die nächste Abbildung zeigt ein Haus mit sechs Fenstern, die den sechs Sinnen entsprechen. Wir erleben unsere Welt über unsere fünf Sinne und das Geistbewusstsein, das alles benennt und in geistige "Schubladen" packt.

Dann folgt ein Paar in Vereinigung oder ein Paar, das sich küsst und "Berührung" symbolisiert. Über unsere Sinne berühren wir die Sinnesobjekte und beurteilen sie als angenehm, unangenehm oder neutral.

Im nächsten Segment sehen wir einen Mann, der von einem Pfeil im Auge getroffen wurde. Dies stellt "Gefühl" dar. Was im vorherigen Glied als angenehm oder unangenehm beurteilt wurde, wird hier als Glück oder Leid erlebt.

Die beiden nächsten Bilder stellen unterschiedliche Formen von Begierde dar. Sie heißen "Verlangen", dargestellt durch einen Mann der Bier trinkt , und "Ergreifen", das durch einen Affen symbolisiert wird, der Früchte pflückt. Egal wie viel Bier der Trinker in sich hinein schüttet, das Verlangen wird immer nur stärker. Dies wiederum führt zum "Ergreifen", der Tatsache, dass man geistig nach immer mehr greift.

Das zehnte Glied zeigt eine schwangere Frau, wir nennen es "Werden". Aufgrund der vorherigen Glieder entsteht hier ein karmisches Resultat.

Im elften Schritt kommt es zur "Geburt", als Abbildung in Form einer gebärenden Frau. Hier ist das Karma reif geworden und hat zu einem Ergebnis geführt.

Im letzten Bild wird ein Mann gezeigt, der eine Leiche auf dem Rücken trägt. Dies symbolisiert "Alter und Tod". Alles, was durch Bedingungen entstanden ist, wird auch wieder vergehen, nichts kann bleiben.

Danach beginnt der Kreislauf der zwölf Glieder des Entstehens in Abhängigkeit wieder von vorne. Einerseits zeigt dieser, wie wir durch unsere grundlegende Unwissenheit als letztendliche Ursache von Wiedergeburt zu Wiedergeburt in die sechs Daseinsbereiche getrieben werden. Andererseits finden diese zwölf Glieder auch in jedem kleinsten Moment statt und wir gestalten dadurch unsere Welt und unsere Zukunft. Der Buddha hat gelehrt, dass man diese zwölf Glieder auch in umgekehrter Reihenfolge sehen kann und durch unsere Praxis eines nach dem anderen auflösen kann, bis wir bei der grundlegenden Unwissenheit angelangt sind, und auch diese überwinden können, womit wir selbst zu Buddhas werden.

Wie aber beschreibt dieses Bild - wie anfangs gesagt - die vier edlen Wahrheiten, die erste Belehrung des Buddha?

Die "Wahrheit vom Leiden" wird durch die sechs Daseinsbereiche und einige der Glieder des Entstehens in Abhängigkeit (3, 4, 5, 6, 7, 11, 12) dargestellt. Die "Wahrheit von der Ursache des Leidens" findet man in den beiden inneren Kreisen und den anderen Gliedern des Entstehens in Abhängigkeit (1, 2, 8, 9,10). Die "Wahrheit vom Aufhören des Leidens" ist durch den Mond repräsentiert, und die "Wahrheit vom Weg zum Ende des Leidens" durch den Buddha, der auf den Mond weist. Der Vers des Erleuchteten beschreibt ebenfalls den Pfad zum Ende des Leidens.

Wenn wir das Lebensrad mehr und mehr verstehen, sehen wir deutlich in welcher Situation wir und alle Wesen uns gerade befinden. Auch wenn diese Belehrungen nicht zur höchsten Ebene des Diamantweges zählen, kann die Beschäftigung mit ihnen, zum Beispiel durch Studieren der zugrunde liegenden Lehren oder durch wiederholtes Betrachten der einzelnen Teile, sowie Nachdenken über deren Bedeutung, eine große Inspiration für unsere Praxis sein.


Joachim Feseck, Schüler von Lama Ole seit 1982. Reiselehrer und Mitbegründer des Zentrums Kiel. Führt neben seiner Tätigkeit als Druckereileiter ehrenamtlich den buddhistischen "Logos Buchvertrieb".